- Rainer Olzem
Wanderung durch die Lavafelder!
...der Vulkane Búcaro, El Charco und Jedey
Die meisten Vulkane auf der Cumbre Vieja haben ihre Lava den Westhang der Insel hinunter geschickt und damit an der Küste oft großflächige Lavaplattformen im Atlantik geschaffen. Ganz besonders trifft das auf die Vulkane El Charco und Jedey zu, die in den Jahren 1585 und 1712 eine Vielzahl von Lavazügen produziert haben; diese Wanderung führt mitten hindurch.
An der Hauptstraße LP-2 von Los Llanos in Richtung Süden nach Fuencaliente liegt kurz hinter km 33 rechts an der Straße eine kleine Parkbucht direkt am Straßenrand. Kurz davor beginnt unsere Exkursion steil hangabwärts über den Wanderweg GR 130 "Camino Real de la Costa" in Richtung Los Llanos de Aridane.

Zunächst führt der Wanderweg durch sehr alte Blocklava, erkenntlich an ihrer starken Verwitterung. Die Lava entstammt mehr als 20.000 Jahre alten prähistorischen Eruptionen des Vulkans Búcaro, heute die Caldera de Búcaro in rund 1.700 m Höhe auf der südlichen Cumbre Vieja.
Dann quert eine kleine Erosionsrinne in der Basaltlava des Búcaro mit teilweise blankpolierter Oberfläche den Weg. Das Polieren geschieht durch das fließende Wasser während der Regenzeit, das feinste Aschepartikel als Schleifmittel mit sich führt.
Im weiteren Verlauf führt der Weg abwärts, der Kiefernwald lichtet sich und der Wanderweg erreicht in einer Senke den südlichsten Lavazug des Vulkans El Charco, ein mächtiger Aa-Lavastrom1 des Ausbruchs von 1712. Bis auf den leichten Flechtenbewuchs auf ihrer Oberfläche erscheint die Lava noch relativ frisch.
Rechts oben an der Straße LP-2 steht die Kapelle Ermita de Santa Cecilia, die Mitte des 20. Jahrhunderts mitten auf dem südlichen Lavastrom des El Charco errichtet wurde. Dieser erste Lavazug des El Charco ist zunächst schmal, wird dann breiter und nach links in Richtung Atlantik teilt er sich in mehrere Züge auf, dazwischen liegen kleine Grünflächen, die von der Lava umflossen wurden. Diese grünen Inseln werden Kipuka - aus dem Hawaiianischen - oder auch Dagala - aus dem Italienischen - genannt. In der Ferne liegt der Leuchtturm von Bombilla auf der San Juan-Lavaplattform von 1949, davor ist die Lavaplattform des El Charco zu erkennen.
Eine kurze Wegstrecke danach kommen der 2. und 3. Lavazug des El Charco in Sicht, die beide gleichbleibend schmal mit ca. 25 - 30 m Breite rechts den Hang herabfließen. Links des Wegs zum Meer hin vereinigen sich dann beide Züge. Nach kurzer Strecke durch mannshohe Wolfsmilch-Vegetation (Euphorbia lamarckii oder Taibaba amarga, Bittere Wolfsmilch), die hier auf einer alten, bereits seit langer Zeit der Bodenbildung ausgesetzten Lava - vermutlich Lava des prähistorischen Vulkans La Deseada auf der Cumbre Vieja -, gut gedeiht, erscheint ein weiterer Lavazug des El Charco, der ebenfalls wieder aus mehreren Einzelzügen besteht, die teilweise mitten im Gelände enden und nicht das Meer erreicht haben.

Anschließend führt die Route durch einen kleinen Hohlweg, der beidseitig durch unbehauene Basaltlavasteine eingefasst ist.
Nach einer Wegabzweigung, die links hinunter zum kleinen Küsten- ort El Remo führt, kommen wir an einer alten verfallenen Finca vorbei.
Eine alte Zisterne im Hof ist zwar noch vorhanden, aber trocken.
Schließlich quert ein letzter breiter Lavastrom des El Charco, der teilweise aus Pahoehoe-Lava besteht, den Weg. Hier liegt links des Wegs ein kleiner, für Pahoehoe-Lava typischer Lavatunnel, der hangabwärts eingefallen ist und danach als offener Graben weiterläuft.
Der Weg führt dann durch uralte basaltische und phonolithische Laven, die aus der erdgeschichtlichen Epoche des Holozäns stammen, also bis etwa 12.000 Jahre alt sein können. Ihr hohes Alter zeigt sich in der fortgeschrittenen Verwitterung und Erosion und der damit einhergehenden Bodenbildung. In den hier auch vorhandenen Erosionsrinnen sind fluviatile Sedimente und gerundete basaltische Gerölle zu erkennen.
Alle diese Lavazüge des El Charco entstammen den unterschiedlichen hangseitigen Eruptionszentren des Vulkans. An der Westküste bilden die Laven eine ausgedehnte Plattform im Atlantik, auf der heute die kleine Küstenortschaft El Remo liegt. Die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1712 sind bis heute nicht eindeutig geklärt. In unserem Geologischen Wanderführer werden die Aktivitäten des geheimnisvollen Vulkans El Charco ausführlich beschrieben und die bekannten historischen Quellen ausgewertet.
Am Grenzstein mit der Aufschrift LL/P - es ist der 2. ähnliche Grenzstein auf der Route - und wenn rechts oben an der Straße LP-2 eine tief eingeschnittene Rinne in der Lava erscheint, ist der erste Lavastrom des Vulkans Jedey erreicht.

Insgesamt sind die Laven des Jedey stärker verwittert und in der Farbe ein wenig rötlich-brauner als die des El Charco, was dem höheren Alter der Laven zuzuschreiben ist. Der Ausbruch des Jedey begann am 19. Mai 1585 und war mit einer Dauer von 83 Tagen einer der längsten in historischer Zeit.
Die Eruption des Vulkans Jedey wird in unserem Geologischen Wanderführer beschrieben, dort wird auch der Bericht eines Augenzeugen der damaligen aufregenden Ereignisse, Leonardo Torriani (1560 - 1628), in ganzer Länge wiedergegeben.
Die markanten Campanarios des Jedey - Campanarios bedeutet Glockentürme, es sind für den Cumbre Vieja- Vulkanismus typische phonolithische Dome - erscheinen rechts in der Ferne als gezackte Felsformationen.
Wenn man durch diese weite und friedliche Landschaft wandert, fallen deren Schönheiten und Sehenswürdigkeiten auf, wie die unterschiedlichen Formen und Farben der Lava, die vielfältige Vegetation und natürlich auch die vielen Ziegen, die unterhalb der kleinen Ortschaft Jedey ihr Zuhause haben. Doch zur Zeit der Entstehung der Lavafelder war das eine ganz andere, eine zutiefst lebensfeindliche Gegend.
Von der Cumbre Vieja her floss die glühende Lava den Hang herab, wobei sich an der Front der einzelnen Aa-Lavazüge die heißen Lavabrocken klirrend ihren Weg bahnten, während sich die dünnflüssige und schnellfließende Pahoehoe-Lava weitgehend geräuschlos fortbewegte. An sehr steilen Hängen konnte die Pahoehoe-Lava bis zu 60 km pro Stunde zurücklegen, während sich die schlackenartige und rauhe Aa-Lava in der Regel weitaus langsamer, oft nur mit wenigen Metern pro Stunde fortbewegte.
Alles was der bis zu 1.200° Celsius heißen glutflüssigen Lava im Weg stand, wurde beiseite geschoben, überflossen, verbrannt. Erst viele Jahrzehnte später siedelten sich die ersten Pionierpflanzen an und es dauerte Jahrhunderte, bis die ersten vereinzelten kleinen Bäume und Büsche die Lava besiedeln konnten. Auch heute noch werden solche Lavaflächen Malpais, schlechtes unfruchtbares Land, genannt.

Am Endpunkt der Wanderung in der kleinen Ortschaft Jedey angekommen, kann man den nur alle 2 Stunden verkehrenden Bus nehmen, um zum Ausgangspunkt zurückzukommen. Besser ist es jedoch, die Strecke noch einmal in der umgekehrten Richtung zu bewältigen, denn im Rückblick eröffnen sich immer wieder neue und interessante Blickwinkel.
(1) Ein Begriff hawaiianischen Ursprungs. Es wird in Bezug auf einen basaltischen Lavastrom verwendet, der eine gesprungene, raue, schlammige oder gezackte Oberfläche aufweist. Wenn sie frisch sind, sind sie sehr schwer zu gehen.
