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  • Simon Tulloch

Multi-Messenger Astronomie (Deutsch & English)


La Palma ist die Heimat einiger der weltbesten Teleskope, wie das „Gran Telescopio Canario", das „NOT", das „Galileo" und das „William Herschel". Es sind konventionelle Teleskope, die aus Linsen und Spiegeln bestehen, um sowohl sichtbares als auch infrarotes Licht von Himmelsobjekten zu sammeln. Obwohl sie größer und empfindlicher sind, unterscheiden sie sich nicht grundlegend von jenen, die von Astronomen vor 100 Jahren verwendet wurden. Viele andere moderne Teleskope wären jedoch für Astronomen des 19. Jahrhunderts als solche nicht mehr zu erkennen.

Foto: "Magic" | Laura Camacho

Multi-Messenger Astronomie bezeichnet eine Astronomie, die mit Informationen aus verschiedenen Quellen arbeitet. Wenn man über Daten unterschiedlicher Art verfügt, ermöglichen diese, die Messwerte zu ergänzen und so ein detaillierteres Bild des beobachteten Phänomens zu liefern. Zum Beispiel sind elektromagnetische Strahlung, Gravitationswellen, Neutrinos und kosmische Strahlen alle verschiedene Arten von Emissionen, die von derselben astrophysikalischen Quelle stammen können.

Ein erstaunliches Beispiel für ein modernes Teleskop ist das Observatorium „IceCube" am Südpol. Hier ist die Oberfläche des Eises nahezu 3 km über dem Meeresspiegel und die Luft darüber ist sehr trocken und klar: ein ausgezeichneter Ort für ein Observatorium, obwohl derart abgelegen! „IceCube" ist jedoch kein herkömmliches Observatorium. Es befindet sich unter dem Eis, wo kein Licht von der Oberfläche eindringen kann. Es beobachtet immer noch kosmische Objekte, aber nicht auf der Basis von Licht, sondern durch subatomare Teilchen, sogenannte „Neutrinos“.

Neutrinos werden in enormen Mengen durch die Kernreaktionen im Zentrum unserer Sonne produziert. Diese Teilchen sind hochgradig „durchdringend", so dass jede Sekunde ungefähr 50 Milliarden Neutrinos jeden Quadratzentimeter unserer Haut durchqueren, aber die Wahrscheinlichkeit, dass diese im Laufe unseres Lebens von den Atomen unseres Körpers absorbiert werden, ist unendlich klein. Rein rechnerisch müsste man 100.000 Jahre leben, um ein „Neutrino" zu stoppen.

Das IceCube-Observatorium basiert auf einer Reihe von 86 Bohrlöchern, die mit heißem Wasser durch das Eis bis hinunter zum antarktischen Grundgestein gebohrt wurden. Die Ingenieure versenkten dann mit Schnüren 60 hochempfindliche Lichtdedektoren in jedes dieser Bohrlöcher, wo sie seither vom erstarrten Umgebungseis eingeschlossen sind.

Foto: " IceCube" ©: Sven Lindstrom, IceCube/NSF

Die Funktionsweise dieser Detektoren erfolgt durch die Beobachtung von Lichtblitzen, die erzeugt werden, wenn hin und wieder die Atomkerne des Umgebungseises Neutrinos absorbieren. Da über 1 Milliarde Tonnen Eis beobachtet werden, gibt es täglich viele Sichtungen. Die meisten stammen von der Sonne, aber im Juli wurde auch ein Neutrino beobachtet, welches von außerhalb unseres Sonnensystems stammt. Was die Astronomen tatsächlich mit IceCube gesehen haben, war ein linearer Lichtimpuls, der das Eis durchdrang. Ein einzelner Atomkern war von dem Neutrino frontal getroffen worden, was eine mächtige Kaskade von radioaktiven Teilchen erzeugte, die wiederum einen sehr kurzen, aber intensiven Blitz verursachten, als sie ihre Energie ins Eis einlagerten. Danach konnte man den Weg des Blitzes zurückverfolgen und die Richtung bestimmen, aus der das Neutrino kam.

Als Herkunftsort wurde eine etwa 3 Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie ausgemacht, in deren Zentrum sich ein sehr energetisches Objekt befindet, das als „Blazar" bekannt ist. Der Herkunftsort befand sich zu der Zeit unterhalb des Horizonts, was bedeutet, dass das beobachtete Neutrino tatsächlich einen bedeutenden Teil der Erde durchquert hat (es trat irgendwo in den Indischen Ozean ein!), bevor es in der Antarktis gesehen wurde.

Es wird angenommen, dass es sich bei Blazaren um schnell rotierende Schwarze Löcher handelt, die Material, hauptsächlich Gaswolken, gelegentlich aber auch ganze Sterne und Planeten, von ihren umgebenden Galaxien aufnehmen. Der größte Teil dieses Materials verschwindet in dem Loch, aber ein kleiner Bruchteil wird als heiße Materie in Form von hellen Strahlen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit entlang der Rotationsachse ausgestoßen. Durch Zufall trifft einer dieser Strahlen direkt die Erde, wie der Lichtstrahl aus einer Taschenlampe, und erscheint für erdgebundene Teleskope sehr hell. Aufgrund der hohen Temperaturen in den Strahlen treten Kernreaktionen auf, die sekundäre subatomare Teilchen (darunter Neutrinos), sichtbares Licht und andere energiereichere Strahlungsformen in Form von „Gammastrahlen" erzeugen.

Image credit: "Blazar" - IceCube Collaboration/Google Earth: PGC/NASA U.S.  Geological Survy Data SIO,NOAA, U.S. Navy, NGA, GEBCO Landsat/Copernicus

Gammastrahlen sind eine Form von sehr energiereichem Licht, das von einem Material mit einer Temperatur von mehreren Millionen Grad emittiert wird, und die Strahlen eines Blazars sondern große Mengen davon ab. Gammastrahlen können nicht zur Erdoberfläche durchdringen, was aber auch gut ist, da sie für das Leben sehr schädlich sind. Stattdessen werden sie in der Regel von den oberen Schichten unserer Atmosphäre absorbiert.

Ähnlich wie Neutrinos im Eis erzeugen sie auch einen Schauer aus subatomaren Teilchen, die dann Lichtblitze erzeugen, wenn sie eindringen und von der Luft gestoppt werden. Zwei Teleskope auf dem Roque de Los Muchachos sind speziell dafür ausgelegt, diese Blitze zu beobachten und den Himmelspunkt zu bestimmen, von dem sie kommen. Die Teleskope sind bekannt als Magic I und II und werden von einer Zusammenarbeit von Instituten in 9 europäischen Ländern, darunter Spanien, Deutschland und Italien, betrieben.

Von der Straße aus, die zum Roque führt, sind sie deutlich sichtbar als zwei im Freien stehende 17-Meter-Gerüste, die den Elementen ausgesetzt sind (konstruktions-schützende Kuppeln wären unbezahlbar gewesen). Das Besondere an dem Ereignis im Juli war, dass der Blazar, der von IceCube am Südpol identifiziert wurde, auch die Quelle der Gammastrahlenblitze war, die Magic im Himmel über La Palma gesichtet hat.

Die Astronomie befindet sich jetzt in einer aufregenden Phase, in welcher die Daten von Teleskopen zusammengeführt werden, ob sie sich nun auf Berg- gipfeln, im Weltraum und unter dem antarktischen Eis befinden, um ein tieferes Verständnis sowohl des Ausmaßes des Universums als auch der Physik von subatomarer Materie zu erlangen.

__________ (English) ___________

Multi-Messenger Astronomy

La Palma is home to some world-class telescopes such as the Gran Telescopio Canario, the NOT, the Galileo and the William Herschel. These are conventional telescopes consisting of lenses and mirrors to collect both visible and infra-red light from celestial objects, and although bigger and more sensitive, they are not fundamentally different to those used by astronomers of 100 years ago. Many other modern telescopes, however, would be unrecognizable as such to 19th century astronomers.

Foto: "Magic" - Robert Wagner/MAGIC Collaboration.

One surprising example of a modern telescope is the “IceCube” observatory at the south pole. Here the surface of the ice is almost 3km above sea level, and the air above it is very dry and transparent: an excellent site for an observatory although rather inaccessible! IceCube, however, is no conventional observatory: it is located beneath the ice where no light from the surface can penetrate. It still observes cosmic objects, not through the medium of light but rather through sub-atomic particles, specifically “neutrinos”.

Neutrinos are produced in enormous quantities by the nuclear reactions in the heart of our sun. They are highly penetrating, and every second approximately 50 billion of them pass through every square centimetre of your skin, yet in the course of your entire lifetime the chances of one being absorbed by the atoms in your body is infinitesimally small. It is calculated that you would need to live for 100,000 years before you stopped a neutrino.

The IceCube observatory consists of an array of 86 wells that were drilled, using jets of hot water through the ice and all the way down to the Antarctic bedrock. Engineers then lowered strings of 60 very sensitive light detectors down each well, where they have since become entombed as the ice re-froze around them.

These detectors work by observing the flashes of light produced when neutrinos are occasionally absorbed by the nuclei in the atoms of the surrounding ice. Since over 1 billion tons of ice is being observed, many are seen each day. Most of these originate in the sun, but in July a neutrino from outside our solar system was also observed. What astronomers actually saw with IceCube was a linear pulse of light passing through the ice. A single atomic nucleus had been struck head-on by the neutrino producing a powerful cascade of radioactive particles, which in turn caused a very brief but intense flash as they deposited their energy in the ice.

They were then able to trace back along the path of the flash and identify the direction from which the neutrino came. The source was found to be a galaxy approximately 3 billion light-years distant in whose centre is a very energetic object known as a “Blazar”. The source was at the time below the horizon, that is to say that the observed neutrino had actually passed through a significant part of the Earth (it entered somewhere in the Indian Ocean!) before being seen in Antarctica.

Blazars are thought to be a rapidly spinning Black Holes that are consuming material, mostly gas clouds but occasionally entire stars and planets, from their host galaxies. Most of this material disappears down the hole, but a small fraction is shot out as bright jets of hot matter at close to the speed of light along the axis of rotation.

Image credit: "Blazar" - IceCube Collaboration/Google Earth: PGC/NASA U.S.  Geological Survy Data SIO,NOAA, U.S. Navy, NGA, GEBCO Landsat/Copernicus

By coincidence one of these jets is pointed directly at the Earth like the beam of a torch, and appears very bright to Earth-bound telescopes. Due to the high temperatures in the jets, nuclear reactions occur producing secondary sub-atomic particles (amongst them neutrinos), visible light and other higher energy forms of radiation such as “Gamma rays”.

Gamma rays are a form of very energetic light emitted by material with a temperature of millions of degrees, and the jets of a Blazar emit copious quantities of them. Gamma rays are unable to penetrate to the Earth’s Surface, which is just as well since they are very damaging to life. Instead, they are generally absorbed in the upper layers of our atmosphere. Like neutrinos in ice, they also produce showers of sub-atomic particles, which then generate flashes of light as they pass through and are stopped by the air.

Two telescopes on the Roque de Los Muchachos are specifically designed to observe these flashes and determine the point on the sky from which they originate. They are known as Magic I and II, and are run by a collaboration of institutes in 9 European countries including Spain, Germany and Italy.

They are clearly visible from the road up to the Roque as twin 17 meter dishes standing in the open air and exposed to the elements (building protective domes would have been prohibitively expensive). What was special about July’s event was that the Blazar identified by IceCube at the south pole was also found to be the source of the gamma ray flashes seen by Magic in the skies above La Palma.

Astronomy is now entering an exciting phase where data obtained from telescopes on mountain tops, in space, and under the Antarctic ice, are being combined to gain a more profound understanding of both the large scale universe and the physics of subatomic matter.

Autor: Dr Simon Tulloch, QUCAM (smt@qucam.com)

#Astronomie #Wissenschaft

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