- Rainer Olzem
Geologischer überblick (II): Wie wurde La Palma geboren? - Die Caldera de Taburiente und Cumbre Vie
Die Caldera de Taburiente
Im Jahre 1815 besuchte der Deutsche Geologe Leopold von Buch (1774 - 1853) die Insel La Palma und beschrieb die Caldera de Taburiente als einen vulkanischen Krater, der durch den Einsturz der Magmakammer des Taburiente- Vulkans entstanden sei. 39 Jahre später, im Jahre 1854, kam der englische Geologe Charles Lyell (1797 - 1875) nach La Palma und deutete die Caldera - im Gegensatz zu Leopold von Buch - als gewaltigen, rein durch Erosion entstandenen Krater.
Es ist jedoch schwierig, diesen riesigen Kessel nur als Produkt der Erosion zu erklären. Die Caldera ist nicht ausschließlich ein Erosionsprodukt. Eine solch riesige Caldera kann sich erstens nicht in einem Gebiet mit der niedrigsten Niederschlagsrate der Insel - Niederschlag ist eine der wichtigsten Erosionskomponenten - und zweitens nicht in einem solch kurzen geologischen Zeitraum von weniger als 500.000 Jahren gebildet haben. Die Caldera und der Barranco de las Angustias sind viel tiefer - sie erreichen als einzige die Ebene der Pillow-Laven - und viel größer als alle Barrancos an der niederschlagsreichen Nordost- und Ostküste, die auch zudem sämtlich älter als 700.000 Jahre sind.
Caldera und Barranco sind vermutlich ursächlich durch tektonische Prozesse entstanden, sei es durch aktive Störungszonen, durch die große Zahl der tektonisch wirksamen magmatischen Intrusionen und durch den Einsturz der Magmakammer, die den Kollaps der Westflanke des Vulkans bewirkt haben. In der Folgezeit wurde die ursprüngliche Caldera durch Erosion ständig erweitert und vertieft und erhielt schließlich ihre heutige Form.
Die hauptsächliche Erosionsarbeit leisteten dabei die Bäche, die das Bergsturzmaterial weiter zerkleinerten, rundeten, bachabwärts transportierten und den Krater nach und nach ausräumten. Auf diese Weise werden auch heute noch mit den etwa 10 Millionen m³ Wasser pro Jahr, die sich vor allem in den regenreichen Zeiten in den Atlantik ergießen, rund 1 Million m³ erodiertes Gestein - das sind etwa 3 Millionen Tonnen Feststoffe - mitgeführt, das bei Puerto de Tazaccongelada, volcán Duraznero en Cumbre Vieja | Der erstarrte Lavasee am Fußeorte ins Meer gelangt und dort einen ausgedehnten submarinen Schuttfächer bildet.

Foto: Rainer Olzem
Die Cumbre Vieja
Im Süden der Insel formte sich vor 150.000 bis 120.000 Jahren, im Großen und Ganzen nach Süden jünger werdend, die Vulkankette der Cumbre Vieja, die der allmählichen Verlagerung des Vulkanismus der Kanaren von Nordosten nach Südwesten folgt.
Die Cumbre Vieja ist - entgegen ihrer Namensgebung - geologisch jünger als die nördlich anschließende Cumbre Nueva. In den letzten 120.000 Jahren hat die geologische Aktivität ausschließlich auf der Cumbre Vieja stattgefunden und dort eine etwa 20 km lange und bis zu 1.950 m hohe Nord- Süd gerichtete Vulkankette geformt, deren Alter - mit einigen Ausnahmen - von Norden nach Süden hin sukzessive abnimmt.
Der Kamm der Cumbre Vieja besteht aus einer Aneinanderreihung von Vulkankegeln, Eruptionszentren und vulkanischen Spalten, wie sie typisch für Riftvulkane sind. Riftvulkane sind Vulkane auf einer linienförmigen Bruchzone oder Störungslinie, die den Austritt von Magma begünstigt.
Die wichtigsten Ausbruchstellen von Norden nach Süden sind:
· Montaña Quemada oder Vulkan Tacande (Eruption zwischen 1470 und 1492) · Pico Birigoyo (Eruption ca. 4000 v. Chr.) · Pico Nambroque (Eruption ca. 910) · Vulkan Llano del Banco oder San Juan (Eruption 1949) · Vulkan Jedey oder Tajuya (Eruption 1585) · Krater Hoyo Negro (Eruption 1949) · Vulkan Duraznero (Eruption 1949) · Vulkane Deseada I und II (Eruptionen ca. 5 - 6000 v. Chr.), Deseada I ist mit 1.949 m über NN die höchste Erhebung auf der Cumbre Vieja). · Vulkan El Charco (Eruption 1712) · Vulkan Martin (Eruptionen prähistorisch und 1646) · Vulkan Fuego (Erup. ca. zwischen 1200 und 2000 v. Chr.) · Vulkan San Antonio (Erup. ca. 1200 v. Chr. und 1677) · Vulkan Teneguía (Eruption 1971), mit 427 m über NN die tiefste Ausbruchstelle auf der Cumbre Vieja.
Die geförderten Laven sind überwiegend basaltisch, haben jedoch einen geringfügig höheren Silikat (SiO2)-Anteil als die Laven der älteren Vulkane im Norden der Insel. Die Eruptionen waren überwiegend phreatomagmatischer Art.

Die meisten Eruptionen auf der Cumbre Vieja in historischer Zeit hatten ganz offensichtlich eine Reihe von Gemeinsamkeiten:
* Viele hatten ihr Eruptionszentrum auf dem Kamm des Bergrückens oder auf der Riftachse.
* Häufiges Muster dieser Eruptionen war ihre Verbindung zu phonolithischen Domen. Die jüngeren Eruptionen lagen in der Regel im unmittelbaren Bereich dieser Dome oder auf deren Top. Die intensive Zerklüftung der Phonolithe begünstigte den Aufstieg des Magmas zur Oberfläche. Typische Beispiele für phonolithische Dome sind die Campanarios des Vulkans Jedey und die markanten Klippen des Pico Nambroque.
* Die Eruptionen fanden meist an mehreren Ausbruchstellen (Schloten) gleichzeitig oder leicht zeitversetzt statt (multiple eruptiv vents). Die Ausbruchstellen sind in der Regel auf einer mehrere Kilometer langen Linie aufgereiht, die bisweilen schief zur Riftachse verläuft.
* Dabei sind die oberen Schlote vorwiegend durch explosive Entgasungen entstanden, während die unteren Schlote effusiv waren und größere Mengen Lava gefördert haben.
Die Westflanke der Cumbre Vieja hat, verursacht durch marine Erosion, eine überwiegend steile Küste, die aus Laven gebildet wird, die älter als 20.000 Jahre sind. Die Laven der jüngeren Eruptionen sind meist nach Westen ins Meer geflossen, haben die Steilküsten überspült und breite Lavaplattformen gebildet, die die Küste vor weiterer Erosion durch den Atlantik geschützt haben. Dadurch hat sich die Insel flächenmäßig vergrößert.

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